5 Min. aktualisiert am 27.01.2022

BGV Family

Hilfe, mein Kind geht nicht gerne zur Schule

Zur Schule zu gehen, ist nicht immer einfach. Es gibt tausend Gründe, sich unwohl zu fühlen: vom unsicheren Schulweg über den Klassenrowdy oder das Gekicher in der Umkleidekabine bis hin zum Lehrpersonal, das mehr einfordert, als ein Kind leisten kann. Cybermobbing, Prüfungsangst oder spezielle Lernschwächen können ebenfalls für Frust und Schwierigkeiten sorgen.

Daran erkennen Eltern Schulprobleme bei ihren Kindern

Hören Sie im BGV meine Family Podcast: Was tun, wenn mein Kind im Netz gemobbt wird?

Beleidigungen, Drohungen oder peinliche Fotos. Immer wieder werden Kinder und Jugendliche im Internet von anderen gemobbt. Cybermobbing ist mittlerweile weit verbreitet und kann erhebliche Folgen haben. In dieser Podcast-Folge erklärt uns Uwe Leest vom Bündnis gegen Cybermobbing, was Eltern tun können, um ihre Kinder zu schützen. Außerdem sprechen wir mit Julia, die selbst einmal Opfer von Mobbing war. Sie erzählt uns, welche Folgen das Ganze für sie hatte und wie sie damit umgegangen ist.

Dass es einem Kind in der Schule nicht gut geht, spüren Eltern meist recht schnell. Typische Warnsignale sind schlechte Noten und ein Wandel im Verhalten. Ging es vor ein paar Wochen noch gut gelaunt in die Schule und freute sich, seine Freunde dort zu treffen, wird es zum Beispiel spürbar stiller. Es erzählt weniger davon, was es erlebt hat, schottet sich ab, wird aggressiv oder laut, wenn die Eltern nachfragen. Eine schwierige Situation! Aber eine, die es den Eltern ermöglicht, mit ihrem Kind zu sprechen. Sie können sich der Situation bewusst werden und gezielt Hilfe und Unterstützung geben.

Manche Kinder verbergen ihre Ängste und Nöte vor den Eltern in der irrigen Annahme, dass sie allein mit ihren Problemen fertig werden. Doch eine Situation der Überforderung kann relativ schnell kippen. Dann kann es sein, dass sie vor lauter Panik anfangen, die Schule zu schwänzen oder in der Schule komplett die Leistung zu verweigern. Manche stören den Unterricht, gehen ihre Mitschülerinnen und Mitschüler bedrohlich an. In solchen Fällen hören die Eltern dann recht schnell von der Schule. Das Lehrpersonal wird das Gespräch suchen und die Eltern in mögliche Lösungsansätze einbeziehen.

Typische Gründe für Schulangst & Co. und welche Ansatzmöglichkeiten es gibt

Kinder gehen in der Regel gerne zur Schule. Sie sind wissbegierig und freuen sich auf die Zeit mit ihren Schulkameradinnen und Kameraden. Eltern merken zu Beginn leicht, wenn etwas nicht stimmt. Anders wird es vielleicht in der Pubertät, wenn Jugendliche sehr mit sich selbst beschäftigt sind und ganz andere Gründe haben als die Schule, sich zu verschließen oder einen rauen Ton anzuschlagen. Die folgenden Punkte betreffen alle Altersklassen der Schulkarriere.

Schwierigkeiten im sozialen Bereich

  • Mobbing und Ausgrenzung: Hier leuchtet der Alarm auf. Denn ein Kind, das sich von Mitschülerinnen und Mitschülern gehänselt oder bedroht fühlt oder bestohlen wird, hat Angst vor der Schule. Hier gibt es keinen pädagogischen Graubereich: Das Kind braucht schnell Ermutigung, Unterstützung und Hilfe von der Familie und den Verantwortlichen in der Schule.
  • Cybermobbing: Gleiches gilt für den Fall, dass sich die Schikanen außerhalb der Schule in den sozialen Netzwerken und Messengern fortsetzen. Ohne Zögern müssen Eltern und Schule hier einschreiten.
  • Tritt ein Kind als Klassenclown oder permanenter Störenfried auf, fehlt ihm häufig Zuwendung oder Anerkennung. Es kann auch sein, dass es sich langweilt, überfordert ist oder einfach Bewegung braucht. Hier helfen Gespräche, unter Umständen auch psychologische Unterstützung.
  • Jüngeren Kindern, die sich schwer tun, Anschluss bei den anderen zu finden, kann die Familie helfen. Zum Beispiel kann man einen schönen Kindergeburtstag ausrichten oder einfach ein paar Kinder zum Spielen einladen. In der Regel ergeben sich dann die Kontakte ...
  • Gerät das Kind in eine Gruppe, die ihm nicht gut tut, ergibt sich eine etwas vertrackte Situation. Schließlich kann es für das Kind wichtig sein, in der Gruppe Anerkennung zu bekommen. Gleichzeitig wünschen sich die Eltern vielleicht einen weniger rauen Umgangston oder fürchten sich davor, dass Drogen ins Spiel kommen. Hier ist es wichtig, dass sie ihr Kind stark machen. Es muss lernen, seine eigene Position zu vertreten und auch „nein“ sagen können.
  • Familiäre Probleme: Und geben wir es zu – manche Probleme rühren auch daher, dass es gerade in der Familie nicht so gut läuft. Vielleicht haben Sie als Eltern gerade zu viel um die Ohren, um sich um ihre Schulkinder zu kümmern? Gibt es Streit und Konflikte? Auch hier kann ein Ansatz für Verbesserung liegen.

Schwierigkeiten im Unterricht

  • Schlechte Noten: Sie können das Ergebnis einer Reihe von Schwierigkeiten sein. Geht es einfach nur darum, Wissenslücken zu schließen oder Verständnisprobleme auszuräumen, helfen Förderunterricht oder Nachhilfe. Ist die Sache grundsätzlicher Natur, kann ein Schulwechsel in Frage kommen. Oftmals sind schlechte Noten aber nur der Ausdruck eines anderen Problems, wie Lernstörungen, Prüfungsangst oder anderen. Dann gilt es, diese anzugehen.
  • Manchen Kindern fällt es schwer, sich über eine ganze Schulstunde zu konzentrieren. Sie sind vielleicht überfordert und kommen nicht mit, oder unterfordert und gelangweilt. Und manche müssen erst lernen, ihren Fokus länger auf eine Sache zu legen. Hier helfen Konzentrationsübungen.
  • Prüfungsangst und Angst vor schlechten Noten können Kinder geradezu quälen. Die Ursache für solche Versagensängste liegt oft in der Ungewissheit, was eine schlechte Note bedeutet. Welche Folgen wird sie haben? Hier ist es Aufgabe der Eltern, dem Kind ihre Liebe und Unterstützung zu versichern, egal, wie die Noten ausfallen. Dann kann es langsam lernen, sich wieder auf den Stoff zu konzentrieren.
  • Eine tolle Lehrerin oder ein toller Lehrer können einem die trockenste Materie nahebringen und eine Begeisterung fürs Lernen entfachen. Leider kann das auch mal andersrum sein: eine Lehrperson demotiviert ein Kind so sehr, dass es nicht mehr gerne zur Schule geht. Eine schwierige Situation, die aber oft durch ein Gespräch zwischen Eltern, Lehrperson und Kind verbessert werden kann.

Teilleistungsstörungen und medizinische Theme

Keine Frage, es gibt unzählige Krankheiten und Beeinträchtigungen, die einen Schulbesuch erschweren können. Wir haben deshalb eine Auswahl der häufigen zusammengestellt.

  • Teilleistungsstörungen wie Lese-/Rechtschreibschwäche (Legasthenie) und Rechenschwäche (Dyskalkulie) sind weit verbreitet. Rund jedes vierte Kind ist zum Beispiel von Legasthenie betroffen. Vielen kann durch gezielte Förderung geholfen werden. Nützliche Infos gibt es beim Bundesverband Legasthenie & Dyskalkulie e. V.
  • Eine Hochbegabung muss nachgewiesen werden, bevor betroffene Kinder entsprechende Förderung bekommen. Bei der Deutschen Gesellschaft für das hochbegabte Kind e. V. gibt es weiterführende Informationen.
  • Kind sieht oder hört schlecht: Beides kann die Teilnahme am Unterricht stark einschränken oder sogar unmöglich machen. Während vor dem Beginn der Grundschule alle Kinder medizinisch untersucht werden, ist das später nicht mehr der Fall. Daher lohnt es sich, im Verdachtsfall Hören und Sehen zu testen.
  • Hyperaktivität / ADHS kann ein Kind stark beim Schulbesuch beeinträchtigen. Hier helfen Kinderarzt und spezialisierte Fachärzte weiter. Eine erste Übersicht gibt es bei Kinderärzte im Netz .

Schulwechsel: Nicht immer einfach, aber Chance zum Neuanfang

Nicht so einfach, die Frage nach dem Schulwechsel. Eines ist sicher: Er bringt immer viel Dynamik mit sich!

Er kann Auslöser sein für manche Ängste – schließlich bringt er viel Stress, ein neues Umfeld, einen neuen Schulweg und noch viele andere Veränderungen mit sich. Auf der neuen Schule muss das Kind neue Freunde finden, Lehrpersonen und unter Umständen auch ein anderes pädagogisches Konzept kennenlernen.

Auf der anderen Seite bedeuten Umzug und/oder Schulwechsel auch immer die Chance, sich neu zu erfinden und Dinge anders zu machen. Man entflieht einer Struktur, die einerseits vertraut war, aber auch ihre negativen Aspekte hatte. Man lässt Mobbing und Gehänsel hinter sich und kann hoffentlich in einer sicheren, zugewandten Umgebung neuen Spaß am Lernen entwickeln.

Manchmal muss ein Schulwechsel sein: zum Beispiel, wenn die Familie umzieht, wenn der Wechsel von der Grund- auf eine weiterführende Schule ansteht, wenn es in der alten Schule keine Konfliktlösung gibt oder wenn ein Schulwechsel im Sinne des Kindes bessere Lernerfolge verspricht.

Ist die Situation eher unklar, gilt es, viele Aspekte gegeneinander abzuwägen – gemeinsam mit dem Kind! Was spricht dafür, was dagegen? Was versprechen sich Eltern und Kind vom Schulwechsel? Gibt es vielleicht eine niedrigschwellige Lösung, die den Verbleib auf der gewohnten Schule ermöglicht? Passt ein anderes pädagogisches Konzept besser zur Persönlichkeit des Kindes? Welche Rolle spielt der Schulweg, der sich durch den Wechsel gegebenenfalls verlängert?

Die Schulpsychologischen Beratungsstellen in Baden-Württemberg beraten Familien auch zur Schulkarriere eines Kindes.

Probleme in der Schule – an diese Stellen können Sie sich wenden

Kein Kind und keine Familie ist mit Notendruck, Mobbing oder einer Lese-/Rechtschreibschwäche allein. Es gibt ein dichtes Netz an Anlaufstellen, die Rat und Unterstützung bieten. Und selbst wenn das Gespräch mit dem oder der Klassenlehrerin nicht so gut läuft – es gibt weitere Möglichkeiten, sich Hilfe zu holen oder auf eine schwierige Situation zu reagieren.

Nicht jedes der oben genannten Themen hat eine Musterlösung – vieles hängt auch miteinander zusammen. Deshalb listen wir hier eine Reihe von Anlaufstellen auf, die beim Bewältigen von Schulproblemen helfen können.

  • Gespräche in der Familie sind der wertvollste Anfang, Probleme zu lösen. Das Kind fühlt sich ernstgenommen und kann über seine Situation sprechen. Das geht sicher nicht immer einfach und gleich beim ersten Mal. Aber zuhörende Eltern vermitteln in jedem Fall Rückhalt und Sicherheit.
  • Austausch mit anderen Eltern: Wer sich unsicher fühlt, sollte das Thema nicht vergraben, sondern mit anderen betroffenen sprechen. Manchmal finden sich hier schon Ansätze. Vielleicht fühlt sich die Nachbarstochter mit einer bestimmten Lehrerin auch nicht wohl? Schon kann man das Thema gemeinsam angehen.
  • Ist klar, dass ein Problem nicht durch liebevollen Zuspruch der Eltern zu klären ist, sollten umgehend die Lehrpersonen mit einbezogen werden. In schwierigen Fällen wie Mobbing, Cybermobbing, Gewalt oder Drogen auch gleich die Schulleitung. Hilfreich kann es sein, Jugend- oder Schulsozialarbeiterinnen hinzuzuziehen.
  • Die Schulbehörde als als Aufsichtsinstanz der Schulen ist der nächste Ansprechpartner, wenn sich ein Problem nicht innerhalb der Schule befriedigend lösen lässt.
  • Das Land Baden-Württemberg unterhält an 29 Standorten Schulpsychologische Beratungsstellen. Sie kümmern sich um Fragen und Anliegen von Eltern und Kindern. Alle Infos und der Link zu den Adressen hier .
  • In medizinischen Fragen sollte auf jeden Fall der behandelnde Kinderarzt mit einbezogen werden.
  • Bei Angststörungen zum Beispiel hilft ein oder eine Therapeutin.
  • Hibbelige Kinder mit Bewegungsdrang und Konzentrationsschwierigkeiten können von Entspannungsübungen wie Yoga oder von Massagen profitieren.